Friday, January 9, 2009

"Das Internet schafft gigantische Möglichkeiten für Qualitätsjournalismus."

In der Neuen Zürcher Zeitung ist ein Interview mit Jay Rosen, Journalistikprofessor in New York und Blogger unter anderem bei der Huffington Post. Gemeinsam mit der Nachricht, die New York Times sei unter Umständen im Mai pleite, wenn 400 Mio. Dollar Schulden fällig würden, aktualisiert das die mittlerweile fast schon alte Frage nach der Zukunft des Journalismus im Netz.

Rosen beruhigt: "Es könnte eine Katastrophe für einige Verlage werden, aber mit Sicherheit nicht für die freie Presse als solche." Gleichzeitig gibt er aber zu bedenken: "Journalisten müssen lernen, unternehmerischer zu denken, eigene Unternehmen zu gründen und allein oder in kleinen Gruppen zusammenzuarbeiten." Dies muss sich keineswegs widersprechen, aber die Gefahr eines Widerspruchs zwischen freier Presse und unternehmerischen Gedanken, die auch die Art und Weise zu arbeiten und zu schreiben beeinflussen können, dräut.

Unabhängig davon geht es mir allerdings gegen den Strich, dass zwangsläufig alle Zeitungen nur noch online zu lesen sein sollen. Wann lesen eigentlich diese Leute Zeitung, bzw. wie? Die haptische Erfahrung der Zeitungsseiten, eine Seite in der U-Bahn herauszureißen, um diese zu Hause zu archivieren oder einem Freund zur Lektüre mitzugeben sowie mein eigenes Leseverhalten, das sich zwischen Online und Print einfach erheblich unterscheidet, ließen mich einen Verlust empfinden, wenn dies tatsächlich eintreten sollte. Darüber hinaus will ich, dass die Journalisten, die ich gern lese, ihre Zeit der weiteren Verfeinerung ihres Fachwissens bzw. dem Schreiben von Artikeln widmen und nicht der Anzeigenakquise für ihre Webseite oder dem Knüpfen von irgendwelchen Netzwerken.

Zweifelsohne bietet das Netz den Zugang zu lauter journalistischen Angeboten, die sonst ungenutzt blieben; ich bin nicht zuletzt eifriger Leser des Perlentaucher. Und die Kontakte der Journalisten untereinander sind für ihre Arbeitsbedingungen wahrscheinlich auch von Vorteil. Nur sollte doch klar sein, dass guter Journalismus unabhängig vom Medium (ob in Fernsehen, Radio, Zeitung oder Online) an ähnlichen Kriterien gemessen werden kann und nur unterschiedliche Arten der Vermittlung nutzt.

Ich schließe erst einmal damit, dass es einen Unterschied gibt zwischen der Lektüreeinstellung gegenüber der Marke einer Zeitung und gegenüber der Marke eines Namens. Und dass ich von einer Online-Zeitung gar nicht erwarte, mich umfassend zu informieren, sondern dass ich dort eher danach Ausschau halte, was gerade interessant aussieht oder was andere Lektüreerfahrung für mich ergänzen kann. Sodass es eben beides braucht, Print für den Frühstückstisch und den Bahnhofskiosk, Online für kurze, intensive Recherchen und Ergänzungen zu spannenden Themen.

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