Thursday, January 8, 2009

DuMont steigt beim Berliner Verlag ein?

Die Süddeutsche Zeitung meldet, der Kölner Verleger Alfred Neven DuMont übernehme die Mehrheit am Berliner Verlag, zu dem unter anderem mein altes Hausblatt Berliner Zeitung gehört. Bei diesem war nach der Übernahme durch den Mecom-Konzern und dem Wechsel von Uwe Vorkötter zur Frankfurter Rundschau sowie der Übernahme der Chefredaktion durch Josef Depenbrock ein unschöner Qualitätsverlust zu verzeichnen.

Nicht nur, dass zahlreiche Journalisten gingen (Rouven Schellenberger und Brigitte Fehrle auch zur FR), das ist ja ganz normal; seltsam war die unmerkliche, mit einer Lesepause von drei Monaten dann aber doch sehr manifeste Änderung im Schreibstil. Ich denke, dass es vor zwei Jahren noch undenkbar gewesen wäre, Dinge zu schreiben, wie Willi Germund, der Ostasien-Korrespondent, es am 22.12.2008 auf der Meinungsseite zum eskalierenden Konflikt zwischen Pakistan und Indien tat:

"Die ewigen Querelen zwischen Indien und Pakistan um jedes kleine Detail gingen allen anderen auf die Nerven. Wenn die Atommacht Indien Terroristen erlaubt, mit einer einzigen Attacke gleich wieder Verhältnisse wie vor zehn Jahren herzustellen, dann begibt sie sich auf das Niveau, auf dem der Nuklearstaat Pakistan herumkreucht."

Oder auch der Artikel des Chefredakteurs vom 31.12.2008, dessen Titel, man hofft es, ein Wortspiel ist und keine sprachliche Entgleisung: "Das Schlimmste kommt meist nie". Dort kommt er nach einer recht unzusammenhängenden Aneinanderreihung verschiedener Schlagzeilen der vergangenen Monate zum Fazit,

"Es ist wie beim Turmbau zu Babel, der Mensch strebt stets nach Höherem, nach mehr. Also werden Arm und Reich 2009 in gleichem Maße emsig an ihrem persönlichen Optimum werkeln. Und immer mehr Menschen dürfen dabei selbst bestimmen, was sie als Optimum überhaupt ansehen, materielles oder emotionales oder beides in perfekter Harmonie.

Zweifelhaft ist wohl, dass allen Menschen im neuen Jahr ein Mehr an Wohlstand gegeben wird, sicher aber ein Mehr an Freiheit und Demokratie. Die Globalisierung der Welt bleibt der beherrschende Trend und nimmt den Despoten zunehmend Raum. Das Wissen um demokratische Prozesse, der Austausch von Gedanken und Techniken sind nicht zu stoppen. Eines Tages, das ist gewiss, lässt sich Freiheit nirgendwo mehr verweigern, denn immer mehr Beispiele der Selbstbestimmung umrunden per Internet die Welt."

Dieser Ton ist neu. Es ist recht schwierig, dieses diffuse Gefühl aufzulösen; schließlich bleiben auch nach dem Weggang von Autoren wie Arno Widmann immer noch sehr gute Leute wie Christian Bommarius, Jens Balzer oder Anke Westphal (diese Aufzählung ist non-exhaustive). Aber man darf doch vom bewiesenermaßen sehr fundiert berichten könnenden Germund und erst recht vom Leitartikel des Chefs zum Jahresende eine etwas differenzierte Sicht erwarten.

Nach den Berichten zu den Sparplänen bei der Netzeitung, die im selben Haus entsteht, drängt sich aber der Gedanke auf, dass die zunehmenden Probleme des Printjournalismus in diesem Falle sehr wohl auch hausgemacht sind: Wer seinen Lesern so etwas zumutet, bzw. denkt, er könne ihnen nicht auch mehr zumuten, wer also zunehmend auf generische Inhalte setzt, dem laufen die Leser davon, bzw. fehlt nicht sonderlich viel, wenn man überhaupt gar keine Zeitung mehr liest, sondern seine Informationen im Internet zusammenklaubt. Das geht nicht unbedingt schneller, und ist bei weitem nicht besser als guter Printjournalismus, aber es kostet eben auch kein Geld.

Insofern: die Nachricht ist gut! Man hofft, dass die Zeitung nicht so ausgeblutet ist, dass das Engagement von DuMont sich lohnt und innerhalb eines halben Jahres wieder eine richtig gute Zeitung entstehen kann.

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