Saturday, February 28, 2009

Thierry Chervel und Miriam Meckel

Perlentaucher Thierry Chervel hat im Vorwärts einen Kommentar über u.a. einen Artikel der Medienwissenschaftlerin Miriam Meckel geschrieben:

"Zu den Flachheiten des Geredes über die Zukunft der Medien und das Internet gehört die Behauptung, das Internet sei schnell, die Zeitung langsam. Die Zeitung könne nicht das Tempo toppen, mit der das Internet auf ein Ereignis reagiert. Dafür aber füge sie Tiefendimension hinzu, schaffe Reflexion."

Meckel hatte in der FAZ erklärt:

"Die Zukunft der Zeitung könnte aber auch anders aussehen, wenn es gelingt, von dem antagonistischen Verständnis online versus offline wegzukommen und beides als zwei Seiten einer Medaille zu verstehen."

Sie fügt aber im selben Atemzug hinzu:

"Die Zeitung der Zukunft wird zwei Gesichter haben: ein gedrucktes und ein vernetztes. Die Aktualität, also 'all the news that’s fit to print', wie die 'Times' für sich in Anspruch nimmt, wird ins Internet abwandern. Das Netz ist schneller als jedes andere Medium. Ihm auf diesem Feld mit einem gedruckten Produkt Konkurrenz zu machen, hat einfach keinen Sinn. Aber als Medienhaus die Aktualität im Netz zu bespielen, hat sehr viel Sinn."

Dass es eben, wie Chervel andeutet, auch sehr schnell dazu kommen kann, dass man einfach so ziemlich alles auf e-Book-Formaten liest, kommt für Meckel scheinbar nicht infrage. Es macht einfach wenig Sinn, wenn sie impliziert, dass gute journalistische Stücke nur auf Print erscheinen könnten. Ach, was heißt impliziert:

"Eine Seite, die nicht mehrfach stündlich aktualisiert wird, gerät schnell in die Randzonen der Netzaufmerksamkeit. Und der Leser, der Lesezeit für mehr als ein paar Zeilen investieren müsste, klickt weiter. Bei der Zeitungslektüre verweilt der Leser dort, wo sein Interesse besteht oder geweckt wird durch eine spannende und gut geschriebene Geschichte."

Zumal Frau Meckel selbst mit der neuen Medienwirklichkeit nicht wirklich umzugehen weiß: Auf ihrer Webseite, die auch einen Blog enthält, gibt es keine Kommentarfunktion. Ich schrieb ihr über das Kontaktformular einen längeren Kommentar zu besagtem FAZ-Artikel, bekam aber nicht einmal ein 'Aha.' zurück.

Bei erneuter Lektüre offenbaren sich aber einfach sehr viele Ungereimtheiten in ihrem Artikel: "Im Feld der generischen Nachricht ist für die Zeitung langfristig kein Wettbewerbsvorteil mehr zu erzielen." In diesem Feld war für keine Zeitung jemals ein Wettbewerbsvorteil drin. Oder hat Frau Meckel je eine Zeitung abonniert für die Abbildung der ddp-Nachrichten in der Meldungsspalte.

Ach ja, à propos antagonistisches Verständnis von online und offline:

"Online und offline müssen sich unterscheiden. [...] Wer versucht, das eine in das andere zu übersetzen, hat schon verloren. Wer das nicht versucht, kann nur gewinnen."

Wer so etwas ironiefrei in einem Artikel sagen kann, der online bei faz.net steht, hat schon verloren.

Wednesday, February 25, 2009

Imperialistische Kundenbindung

So könnte man nennen, was Vattenfall gerade gemacht hat: Kunden, die zum großen Teil wegen desaströser Managementfehler (während einer Preiserhöhung im Frühjahr 2007 und während der Unfälle in den KKW Krümmel und Brunsbüttel im Sommer 2007 [die nach anderthalb Jahren noch immer nicht wieder in Betrieb sind] sowie der Beförderung des für die fehlerhaft kommunizierte Preiserhöhung verantwortlichen Vertriebschefs zum Vorstandsvorsitzenden) zum Konkurrenten Nuon gegangen sind. Insofern wird ein Gutteil der Flüchtigen also nicht durch gute Preispolitik und einen Wiederaufbau von Vertrauen in den Konzern zurückgewonnen, sondern einfach zurückgekauft. Das ist doch mal energisch!

Monday, February 23, 2009

Sixtus vs. Lobo

Macht Spaß!

 
 
 
 
 
 
 

 

Sixtus vs. Lobo – Cybermobbing

 
 
 
 
 
 
 

 

Sixtus vs. Lobo – Zukunft des Mobilfunks

Carlos Slim und die New York Times

Ende Januar schrieb Andres Martinez im Slate-Magazine seine Bedenken über das Investment des mexikanischen Geschäftsmannes Carlos Slim in das Unternehmen, das auch die New York Times herausgibt, nieder:

"Let's face it. The New York Times would never strike a deal with a U.S. tycoon of a similar profile, for fear of triggering real or apparent conflicts between the newspaper's coverage and the investor's interests. Not that you could ever find such a U.S. tycoon: The conglomerate of Slim-controlled telecom, banking, tobacco, retailing, insurance, construction, and other interests has been estimated to add up to 7 percent of Mexico's GDP."

Dabei macht Martinez klar, dass er in keiner Hinsicht eine antikapitalistische Sichtweise einnehmen will. Doch verweist er auf einen Artikel im Wall Street Journal, in dem sein Aufstieg zum Reichtum nachgezeichnet wird. Zum Konzern gehören über 200 Firmen in den unterschiedlichsten Branchen, sodass"[i]t's hard to spend a day in Mexico and not put money in his pocket." Die in Mexiko aufgebauten Monopole bedrohen dabei auch die Demokratie im Land:

"Congress routinely kills legislation that threatens his interests, and his firms account for a chunk of the nation's advertising revenue, making the media reluctant to criticize him."

Dabei scheint seine Geschäftsstrategie typisch Hedge-Fund zu sein: Firmen aufkaufen und aufpäppeln - nur dass er sie dann augenscheinlich nicht verkauft, sondern danach seine Mitbewerber aus dem Feld drängt. Dies liegt allerdings im Wesen der (freien) Marktwirtschaft. Nur bleibt eben das Problem des Monopols: Der fehlende Wettbewerb lässt die Preise für Telekommunikation so hoch bleiben, dass Mexiko schlechter als vergleichbare Staaten vernetzt ist.

Der Grund für den rasanten Aufstieg Slims liegt dann offenbar eher in der Freundschaft zu einem mexikanischen Politiker:

"Despite his abilities, many here believe his biggest break was the rise to power in 1988 of Carlos Salinas [Präsident von 1988 bis 1994], a Harvard-educated technocrat bent on modernizing the country. The two men had struck up a friendship in the mid-1980s, and Mr. Salinas spoke of Mr. Slim as the country's brightest young businessman."

und in der vollständigen Abwesenheit von Regulierung:

"Attempts to regulate Mr. Slim's companies have largely failed over the years. Mexico's telephone regulator, Cofetel, was so weak in the 1990s that Telmex's rivals dubbed it 'Cofetelmex.' When the regulator did try to act, Mr. Slim's lawyers blocked it in the country's Byzantine courts."

Aber Martinez will nicht darauf hinaus, wie Slim sein Geld verdient hat, rechtens oder mit zweifelhaften Methoden:

"It's whether the New York Times really wants to tie its reputation so closely to his. Was there really no one else who had a quarter of a billion dollars to spare?"

Denn das eigentliche Problem, so Martinez, ist, dass man nicht beweisen kann, dass Slim keinen Einfluss auf die Inhalte der Zeitungen nimmt:

"I know from experience that publishers do intervene in the editorial process, as is their prerogative. And I can assure you that Slim's investment will be a factor, even if unspoken, in editorial decision-making henceforth at the Times. Perhaps Mexico's crony capitalism will remain a mostly neglected topic—but now conspiracies will be read into the neglect. [...] It becomes easier for him to write off his critics in Mexico as perennially frustrated leftist whiners. If any of what they alleged were true, after all, would the enlightened and liberal New York Times allow him to become one of its largest shareholders?"

(Wohlgemerkt, ihm steht kein formaler Einfluss durch seine Aktien zu. Die alleinige Verantwortung trägt nach wie vor die Familie Sulzberger.) Komischerweise ist von alldem wenig zu lesen in dem Artikel der taz zum "Niedergang der New York Times". Dort werden immer noch die Zahlen aus dem Atlantic Monthly-Artikel benutzt. Von der Lösung dieses Problems erfährt der Leser hingegen nichts.

Am 15. Februar nun versucht die New York Times genau das, worüber sich Jack Shafer bei Slate ausließ: "the Times being damned if it covers him and damned if it doesn't." Nach der obligatorischen Erwähnung des Investments Slims in der NYTimes charakterisiert der Autor auch den Stil seines Umgangs mit den Medien:

"With telecommunications, retailing and construction companies under his command, Mr. Slim looms large over the media landscape in his country. Notoriously thin-skinned, he does not have to pick up the phone and bellow at those who publish and broadcast something he does not like. His vast resources often translate into less-than-critical coverage."

Geschildert wird dann auch, wie der Deal zwischen dem Zeitungshaus und Slim eingefädelt wurde - allem Anschein nach kam die Initiative von der Zeitung. Neben dem Geschäftsinteresse, das Slim verfolgt, hat das Investment aber auch einen Imagegrund:

"Besides the financial benefits, those who know Mr. Slim also see in the deal an effort to bolster his reputation by linking himself with a well-known brand."

Die Verbindung lässt also das Problem ganz offenbar werden: Wenn über verschiedene neue Erlösmodelle für Printprodukte nachgedacht wird, kann auch die Unterstützung durch sehr reiche Privatpersonen dazu gehören, die sich dadurch einen Gewinn für ihr Image versprechen mögen und einfach, wie bei normalen CSR-Aktivitäten, einer Art öffentlichen Verantwortung als Staatsbürger nachkommen. Dass die journalistische Unabhängigkeit dadurch gefährdet werden kann, kann das der Grund sein, dieses Engagement abzulehnen? Und zu welchem Preis? Wieviele andere ultrareiche Personen auf der Welt gibt es, die für 250 Mio. Dollar Anteile der renommiertesten Zeitung der Welt kaufen (könnten), ohne dass dies in irgendeiner Weise mit der Herkunft dieses Vermögens interferierte? Allein durch ihren Reichtum und den dadurch möglichen Einfluss, den solche Menschen ausüben können, haben Informationen sie betreffend Nachrichtenwert.

Journalistische Suchmaschinenoptimierung

Peter Glaser schreibt:

"Wo noch Redakteure an der Arbeit sind, versuchen sie nun, nicht mehr primär für menschliche Leser zu schreiben, sondern für die Maschine. Texte werden so geschrieben, dass Google sie findet, mit einfachen Schlüsselworten im Titel und einfachen zugehörigen Begriffen im Text. Die kulturlose Suchmaschine versteht beispielsweise keine Wortspiele oder andere elegante Formen des Formulierens."

Und dann liest man einen Text wie den des Schriftstellers Franzobel in der FR:

"Die Orgie ist zumindest ihrer Idee nach ein Aufbegehren gegen die Kommunikationslosigkeit, gegen das monadische Dasein des Einzelnen. Es kommt zu einer wechselseitigen Durchdringung mit anderen als auch mit dem Cosmos - oder, um es mit Freud zu sagen, das Es trifft das Über-Ich und geht stiften."

Das wollen wir nicht, dass sowas untergeht!

Tuesday, February 17, 2009

Und wir danken Wolfgang Ullrich

Endlich mal kurz, klar und knapp:

"Heutiges Produktdesign hat auch in vielen anderen Bereichen die Neigung, Tätigkeiten einseitig überzuinterpretieren. Die Absicht, den Konsumenten zum Experten, Profi oder Freak zu adeln, ja das Verlangen, selbst banale Aktivitäten zu emotionalisieren und in reißerische Events zu verwandeln, führt zu Produkten, die eine beiläufige Nutzung gar nicht zulassen. Ob es sich um einen Toaster oder einen Herd, Turnschuhe oder technische Geräte handelt: Wer etwas sucht, das 'einfach so' handzuhaben ist, tut sich schwer."

Oder: Gute Nacht, Emotionalisierung bei Kroeber-Riel. Aber das werde ich wohl nicht mehr erleben.

Tuesday, February 3, 2009

Umbruch in der Zeitungsbranche

Die großen Zeitungen müssen sparen. Der Online-Klatschtempel Gawker hat dazu aufgerufen, unsinnige Sparzwänge, die in Unternehmen (das ist keineswegs auf Verlage beschränkt) verhängt werden, zu melden. Diese werden dann, unter dem Label "Recessionomics", veröffentlicht. Unter dem Titel "Possibly The Most Enraging Newspaper Memo Yet" veröffentlichen sie die Richtlinien der South Bend Tribune. Der Herausgeber ("editor") weist darin an, nicht nur an ihn, sondern an mindestens vier weitere Herausgeber ein bis ins kleinste aufgeschlüsselte Liste der am Tage erledigten Aufgaben - selbst der kleinsten - sowie eine Liste der am nächsten Tag anstehenden Tätigkeiten. Es folgt dann eine Beschreibung in 375 Worten. Ziel ist die Steigerung der Produktivität.

Der Silicon Alley Insider hat berechnet, dass anstatt der jährlichen Kosten für Druck und Vertrieb der New York Times, die Zeitung jedem Abonnenten einen Kindle-Reader schenken könnte und noch enorm viel Geld übrig bleiben würde:

"Are we trying to say the the New York Times should force all its print subscribers onto the Kindle or else? No. That would kill ad revenues and also, not everyone loves the Kindle.

What we're trying to say is that as a technology for delivering the news, newsprint isn't just expensive and inefficient; it's laughably so."
(via Dirk von Gehlen)

In einem schönen Stück in der Zeit hat Gero von Randow über den geplanten Rettungsplan des französischen Präsidenten Sarkozy für die Branche geschrieben:

"Frankreich zahlt bereits die höchsten Pressesubventionen Europas, sie belaufen sich auf acht Prozent vom Umsatz. Dennoch geht es der Presse des Landes besonders schlecht. Was sich mitnichten nur auf die schlimmen Zeiten schieben lässt. [...] Herstellung, Verbreitung, Verkaufspreise, alles liegt weit über dem europäischen Durchschnitt. Die Folge: Fast nirgendwo verdient ein Zeitungsverkäufer so wenig wie in Frankreich. Ein Gesetz aus dem Jahr 1947 zwingt ihn überdies, jedes noch so kleine Blatt anzubieten."

Das alles war mir neu. Neben der Unterstützung für den Vertrieb der Zeitungen soll es auch Gratis-Abos für Minderjährige Leser geben. Anlässlich dieser Meldung hat der Tagesspiegel die Subventionslage in verschiedenen europäischen Staaten untersucht. Der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Zeitungsverlage sagt dazu:

"Gleichwohl erwarten wir Zeitungen keine Subventionen vom Staat - wir erwarten aber gute Rahmenbedingungen!"

Bleibt die Frage, ob Zeitungen nicht, wie viele andere Unternehmungen, auch Objekt einer Art Image-Investement sein können: Corporate Social Responsability. Der Milliardär Carlos Sims hat 250 Millionen Dollar in die New York Times investiert (wie er sagt), um die 400-Millionen-Dollar-Umschuldung im Mai zu gewährleisten. Wäre doch aber eigentlich ganz nett, wenn sich ein großer Unternehmer eines profilierten Medienunternehmens annehmen würde. Dies stellt zwar die Unabhängigkeitsfrage. Gleichzeitig scheint es nicht undenkbar, dass das funktionieren könnte.