Thursday, March 26, 2009

Open Access und Wissenschaft

Ein Hinweis auf einen schönen Artikel im perlentaucher von Matthias Spielkamp, der den Streit über Open Access über Wissenschaftspublikationen zusammenfasst und überzeugend kommentiert. Kernpunkt:

"Um in Zeitschriften solcher Verlage zu veröffentlichen, müssen Wissenschaftler in vielen Fällen den Verlagen die exklusiven Nutzungsrechte an ihren Artikeln abtreten. Das bedeutet, dass sie ihre eigenen Beiträge anschließend nicht mehr an anderer Stelle veröffentlichen dürfen, weder auf der eigenen Website noch der ihrer Universität. Ein Honorar erhalten sie dafür nicht; im Gegenteil, die Peer Review, also die Begutachtung der Forschungsergebnisse, übernehmen Wissenschaftler ebenfalls ehrenamtlich, also in den meisten Fällen auf Kosten ihrer Arbeitgeber. Also auf Kosten der Steuerzahler, wenn sie an öffentlich geförderten Institutionen arbeiten, wie etwa Universitäten. Der Steuerzahler zahlt, der Konzern schreibt Gewinne: Wer enteignet hier wen?

[...] So kostet ein Jahresabonnement des "Journal of Applied Polymer Science" mehr als 21.000 US-Dollar (zuzüglich Mehrwertsteuer) [...]."

Vielleicht füge ich noch etwas aus der Nutzerperspektive hinzu: Es vereinfacht das wissenschaftliches Arbeiten und Recherchieren ungemein, Zugang zu Open Access-Artikeln zu haben. Zugegeben unterscheide ich dabei nicht so sehr zwischen den Artikeln, die ich einfach so online finde, und jenen, für die ich mich bei meiner Unibibliothek anmelden muss, um sie von einem Portal dort herunterzuladen - aber diese Perspektive scheint vollkommen ignoriert zu werden, solange nur von den Produzenten geredet wird. Doch heißt es ja vor allem Open Access, nicht Open Publication.

Mir scheint die Publikation kein Selbstzweck. Vielmehr sollten Wissenschaftler daran interessiert sein, möglichst vielen Menschen einen Zugang zu ihren Arbeiten zu ermöglichen; wenn dies schon nicht durch eine immer verständliche Schreibweise geschieht (ich rede hier von den Geistes, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, von Naturwissenschaften habe ich keine Ahnung), dann eben wenigstens durch einen Zugang, der eine so geringe Hürde wie möglich darstellt.

Letztendlich ist es dasselbe Argument, das auch für die Micropayments von Zeitungsartikeln vorgebracht wird, das mir hier aber schlüssiger erscheint: Als Normalnutzer zahle ich keine 6 oder 24 Dollar oder Euro für einen Artikel (online oder über Bibliotheksbestellservices), von dem ich nur das Abstract und den Titel kenne. Dafür sind, sagen wir es offen, viele Artikel, besonders in extrem spezialisierten Zeitschriften, schlichtweg nicht gut genug und dienen scheinbar nur der Verlängerung der eigenen Publikationsliste. Und wohnt man nicht in großen Universitätsstädten mit gut ausgestatteten Bibliotheken, kommt man sehr schnell in genau dieses Dilemma.

Und wenn ich mir die Beschaffungspolitik der Berliner Universitätsbibliotheken so anschaue, wird mir einfach nur noch anders. Die einzelnen Bibliotheken stimmen sich nicht im entferntesten darüber ab, was da beschafft wird (zumindest scheint das so) - was zu dem Umstand führt, dass einige hochspezialisierte Veröffentlichungen, seien dies Zeitschriften oder Bücher, in mehreren oder allen, viele andere dafür aber in keiner der erreichbaren Bibliotheken zu finden sind. Für uns als Studenten wird es deswegen manchmal unmöglich, dem aktuellen Forschungsstand in bestimmten Feldern zu folgen. Ich kann es mir schlichtweg nicht leisten, 50 oder 80 Euro für Veröffentlichungen zu zahlen, selbst wenn sie hervorragend sind.

Insofern sollte die Diskussion vielleicht dahin gehen, wie Modelle entwickelt werden können, die erhöhte Geschwindigkeit und verminderten Hürden von Informationsübertragung für die Nutzer und die Produzenten gleichzeitig sinnvoll zu gestalten.

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