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Friday, March 6, 2009

Diskussion in der NZZ

Zwei Beiträge zu Journalismus und Internet in der NZZ. Zuerst Otfried Jarren, Medienwissenschaftler an der Uni Zürich. Er leugnet einen Zusammenhang zwischen den wirtschaftlichen Problemen eigentlich aller großen Verlage und dem Aufkommen des neuen Trägermediums Internet:

"Das vermeintliche Sterben dieser traditionellen publizistischen Riesen wird allerdings nicht im Kontext mit dem erheblichen Ausdifferenzierungsprozess im Bereich der gesamten medial vermittelten Kommunikation und den sich daraus ergebenden ökonomischen Folgen gesehen, sondern generell als Niedergang der Massenmedien gedeutet."

Dabei übersieht er (kann man das übersehen??), dass der "Ausdifferenzierungsprozess" der Angebote genau das meint: dass Universalmedien mit einem Publikum, das man tatsächlich als Masse bezeichnen kann, zu vom Aussterben bedrohten Dinosauriern werden. Das darf aber nicht passieren, schreibt Jarren:

"[M]oderne Gesellschaften sind auf die Institutionen der Massenmedien zur Realisierung ihrer öffentlichen Kommunikation angewiesen. Medial vermittelte Kommunikation ist immer eine organisierte Form der Kommunikation – und das setzt Organisationen, Rollenträger und aufseiten des Publikums die Kenntnis ebendieser sozialen Strukturen voraus."

Ich denke eher, dass moderne Gesellschaften sich dadurch weiterentwickeln, dass sie intensive Kommunikation pflegen - über welchen Weg auch immer. Außerdem ist das natürlich ein normatives Argument. Und der komplette zweite Satz bedeutet vor allem, dass Prof. Jarren nicht ausreichend mediensozialisiert ist, sonst würde er dem Publikum nicht die Kenntnis der Strukturen dieses neuen Mediums absprechen oder einsehen, dass all das für das Internet existiert und dieses eben deswegen eine Art Massenmedium ist.

Seine Argumentation wird dann immer absurder:

"Nur Angebote der Push-Medien sind potenziell in zeitlicher und sozialer Hinsicht für alle Rezipienten gleich verfügbar."

Dabei dürfte das FAZ-Abo mittlerweile deutlich teurer sein als eine Flatrate und der kostenfreie Bezug der New York Times sowie sämtlicher anderer Medien, die man gern konsumieren möchte, und zwar in dem Format, in dem man gern möchte, gern also auch als Push-Medium (z.B. als Newsletter).

Er schreibt dann:

"In der Debatte um die 'neuen Medien' dominiert – wieder einmal – ein naives Medienverständnis, weil die soziale Seite der Medien nicht gesehen wird. Medien sind nicht nur technische Vermittlungskanäle, sondern Organisationen mit eigenen Zielen und Interessen, institutionalisiert im Sinne kollektiver Regelsysteme, und sie sind eben auch komplexe Sozialsysteme. Die Massenmedien sind damit soziale Institutionen unserer Gesellschaft."

Der Fehler liegt wohl eher in der Definition dessen, was Jarren als sozial betrachtet: Dies ist eine einseitig senderorientierte Perspektive, angereichert mit etwas Systemtheorie und einem riesigen Schuss Normativität. Sozial bedeutet in diesem Falle vor allem, was der Leser will. Wenn den Leser die Ziele der Medien nicht mehr ausreichend motivieren können, sein Geld für sie auszugeben, dann kann das komplexe Sozialsystem einpacken. Und wenn Massenmedien eine Vernetzungsfunktion weit auseinanderliegender Sektoren der Gesellschaft erfüllen, bedeutet das noch nicht, dass nur sie das können. Und dann:

"Die Gesellschaftsmitglieder bedürfen der intermediären Instanzen, und deshalb gründen sie laufend neue und setzen für diese Ressourcen ein."

Eben! Das bestreitet doch Jarren aber mit Aussage, dass außerhalb der Massenmedien keine anderen Intermediäre möglich seien. Der Artikel wirkt also seltsam unfertig und nicht wirklich durchdacht.

Der zweite Beitrag von Ronnie Grob fordert nicht zu einer solchen Kritik heraus und ist eigentlich ganz angenehm zu lesen, wenn ich auch seine Ansicht der Dichotomie von Masse und Elite und die daraus sich ableitenden Konsequenzen nicht teile.

Saturday, February 28, 2009

Thierry Chervel und Miriam Meckel

Perlentaucher Thierry Chervel hat im Vorwärts einen Kommentar über u.a. einen Artikel der Medienwissenschaftlerin Miriam Meckel geschrieben:

"Zu den Flachheiten des Geredes über die Zukunft der Medien und das Internet gehört die Behauptung, das Internet sei schnell, die Zeitung langsam. Die Zeitung könne nicht das Tempo toppen, mit der das Internet auf ein Ereignis reagiert. Dafür aber füge sie Tiefendimension hinzu, schaffe Reflexion."

Meckel hatte in der FAZ erklärt:

"Die Zukunft der Zeitung könnte aber auch anders aussehen, wenn es gelingt, von dem antagonistischen Verständnis online versus offline wegzukommen und beides als zwei Seiten einer Medaille zu verstehen."

Sie fügt aber im selben Atemzug hinzu:

"Die Zeitung der Zukunft wird zwei Gesichter haben: ein gedrucktes und ein vernetztes. Die Aktualität, also 'all the news that’s fit to print', wie die 'Times' für sich in Anspruch nimmt, wird ins Internet abwandern. Das Netz ist schneller als jedes andere Medium. Ihm auf diesem Feld mit einem gedruckten Produkt Konkurrenz zu machen, hat einfach keinen Sinn. Aber als Medienhaus die Aktualität im Netz zu bespielen, hat sehr viel Sinn."

Dass es eben, wie Chervel andeutet, auch sehr schnell dazu kommen kann, dass man einfach so ziemlich alles auf e-Book-Formaten liest, kommt für Meckel scheinbar nicht infrage. Es macht einfach wenig Sinn, wenn sie impliziert, dass gute journalistische Stücke nur auf Print erscheinen könnten. Ach, was heißt impliziert:

"Eine Seite, die nicht mehrfach stündlich aktualisiert wird, gerät schnell in die Randzonen der Netzaufmerksamkeit. Und der Leser, der Lesezeit für mehr als ein paar Zeilen investieren müsste, klickt weiter. Bei der Zeitungslektüre verweilt der Leser dort, wo sein Interesse besteht oder geweckt wird durch eine spannende und gut geschriebene Geschichte."

Zumal Frau Meckel selbst mit der neuen Medienwirklichkeit nicht wirklich umzugehen weiß: Auf ihrer Webseite, die auch einen Blog enthält, gibt es keine Kommentarfunktion. Ich schrieb ihr über das Kontaktformular einen längeren Kommentar zu besagtem FAZ-Artikel, bekam aber nicht einmal ein 'Aha.' zurück.

Bei erneuter Lektüre offenbaren sich aber einfach sehr viele Ungereimtheiten in ihrem Artikel: "Im Feld der generischen Nachricht ist für die Zeitung langfristig kein Wettbewerbsvorteil mehr zu erzielen." In diesem Feld war für keine Zeitung jemals ein Wettbewerbsvorteil drin. Oder hat Frau Meckel je eine Zeitung abonniert für die Abbildung der ddp-Nachrichten in der Meldungsspalte.

Ach ja, à propos antagonistisches Verständnis von online und offline:

"Online und offline müssen sich unterscheiden. [...] Wer versucht, das eine in das andere zu übersetzen, hat schon verloren. Wer das nicht versucht, kann nur gewinnen."

Wer so etwas ironiefrei in einem Artikel sagen kann, der online bei faz.net steht, hat schon verloren.

Monday, February 23, 2009

Carlos Slim und die New York Times

Ende Januar schrieb Andres Martinez im Slate-Magazine seine Bedenken über das Investment des mexikanischen Geschäftsmannes Carlos Slim in das Unternehmen, das auch die New York Times herausgibt, nieder:

"Let's face it. The New York Times would never strike a deal with a U.S. tycoon of a similar profile, for fear of triggering real or apparent conflicts between the newspaper's coverage and the investor's interests. Not that you could ever find such a U.S. tycoon: The conglomerate of Slim-controlled telecom, banking, tobacco, retailing, insurance, construction, and other interests has been estimated to add up to 7 percent of Mexico's GDP."

Dabei macht Martinez klar, dass er in keiner Hinsicht eine antikapitalistische Sichtweise einnehmen will. Doch verweist er auf einen Artikel im Wall Street Journal, in dem sein Aufstieg zum Reichtum nachgezeichnet wird. Zum Konzern gehören über 200 Firmen in den unterschiedlichsten Branchen, sodass"[i]t's hard to spend a day in Mexico and not put money in his pocket." Die in Mexiko aufgebauten Monopole bedrohen dabei auch die Demokratie im Land:

"Congress routinely kills legislation that threatens his interests, and his firms account for a chunk of the nation's advertising revenue, making the media reluctant to criticize him."

Dabei scheint seine Geschäftsstrategie typisch Hedge-Fund zu sein: Firmen aufkaufen und aufpäppeln - nur dass er sie dann augenscheinlich nicht verkauft, sondern danach seine Mitbewerber aus dem Feld drängt. Dies liegt allerdings im Wesen der (freien) Marktwirtschaft. Nur bleibt eben das Problem des Monopols: Der fehlende Wettbewerb lässt die Preise für Telekommunikation so hoch bleiben, dass Mexiko schlechter als vergleichbare Staaten vernetzt ist.

Der Grund für den rasanten Aufstieg Slims liegt dann offenbar eher in der Freundschaft zu einem mexikanischen Politiker:

"Despite his abilities, many here believe his biggest break was the rise to power in 1988 of Carlos Salinas [Präsident von 1988 bis 1994], a Harvard-educated technocrat bent on modernizing the country. The two men had struck up a friendship in the mid-1980s, and Mr. Salinas spoke of Mr. Slim as the country's brightest young businessman."

und in der vollständigen Abwesenheit von Regulierung:

"Attempts to regulate Mr. Slim's companies have largely failed over the years. Mexico's telephone regulator, Cofetel, was so weak in the 1990s that Telmex's rivals dubbed it 'Cofetelmex.' When the regulator did try to act, Mr. Slim's lawyers blocked it in the country's Byzantine courts."

Aber Martinez will nicht darauf hinaus, wie Slim sein Geld verdient hat, rechtens oder mit zweifelhaften Methoden:

"It's whether the New York Times really wants to tie its reputation so closely to his. Was there really no one else who had a quarter of a billion dollars to spare?"

Denn das eigentliche Problem, so Martinez, ist, dass man nicht beweisen kann, dass Slim keinen Einfluss auf die Inhalte der Zeitungen nimmt:

"I know from experience that publishers do intervene in the editorial process, as is their prerogative. And I can assure you that Slim's investment will be a factor, even if unspoken, in editorial decision-making henceforth at the Times. Perhaps Mexico's crony capitalism will remain a mostly neglected topic—but now conspiracies will be read into the neglect. [...] It becomes easier for him to write off his critics in Mexico as perennially frustrated leftist whiners. If any of what they alleged were true, after all, would the enlightened and liberal New York Times allow him to become one of its largest shareholders?"

(Wohlgemerkt, ihm steht kein formaler Einfluss durch seine Aktien zu. Die alleinige Verantwortung trägt nach wie vor die Familie Sulzberger.) Komischerweise ist von alldem wenig zu lesen in dem Artikel der taz zum "Niedergang der New York Times". Dort werden immer noch die Zahlen aus dem Atlantic Monthly-Artikel benutzt. Von der Lösung dieses Problems erfährt der Leser hingegen nichts.

Am 15. Februar nun versucht die New York Times genau das, worüber sich Jack Shafer bei Slate ausließ: "the Times being damned if it covers him and damned if it doesn't." Nach der obligatorischen Erwähnung des Investments Slims in der NYTimes charakterisiert der Autor auch den Stil seines Umgangs mit den Medien:

"With telecommunications, retailing and construction companies under his command, Mr. Slim looms large over the media landscape in his country. Notoriously thin-skinned, he does not have to pick up the phone and bellow at those who publish and broadcast something he does not like. His vast resources often translate into less-than-critical coverage."

Geschildert wird dann auch, wie der Deal zwischen dem Zeitungshaus und Slim eingefädelt wurde - allem Anschein nach kam die Initiative von der Zeitung. Neben dem Geschäftsinteresse, das Slim verfolgt, hat das Investment aber auch einen Imagegrund:

"Besides the financial benefits, those who know Mr. Slim also see in the deal an effort to bolster his reputation by linking himself with a well-known brand."

Die Verbindung lässt also das Problem ganz offenbar werden: Wenn über verschiedene neue Erlösmodelle für Printprodukte nachgedacht wird, kann auch die Unterstützung durch sehr reiche Privatpersonen dazu gehören, die sich dadurch einen Gewinn für ihr Image versprechen mögen und einfach, wie bei normalen CSR-Aktivitäten, einer Art öffentlichen Verantwortung als Staatsbürger nachkommen. Dass die journalistische Unabhängigkeit dadurch gefährdet werden kann, kann das der Grund sein, dieses Engagement abzulehnen? Und zu welchem Preis? Wieviele andere ultrareiche Personen auf der Welt gibt es, die für 250 Mio. Dollar Anteile der renommiertesten Zeitung der Welt kaufen (könnten), ohne dass dies in irgendeiner Weise mit der Herkunft dieses Vermögens interferierte? Allein durch ihren Reichtum und den dadurch möglichen Einfluss, den solche Menschen ausüben können, haben Informationen sie betreffend Nachrichtenwert.

Friday, January 9, 2009

"Das Internet schafft gigantische Möglichkeiten für Qualitätsjournalismus."

In der Neuen Zürcher Zeitung ist ein Interview mit Jay Rosen, Journalistikprofessor in New York und Blogger unter anderem bei der Huffington Post. Gemeinsam mit der Nachricht, die New York Times sei unter Umständen im Mai pleite, wenn 400 Mio. Dollar Schulden fällig würden, aktualisiert das die mittlerweile fast schon alte Frage nach der Zukunft des Journalismus im Netz.

Rosen beruhigt: "Es könnte eine Katastrophe für einige Verlage werden, aber mit Sicherheit nicht für die freie Presse als solche." Gleichzeitig gibt er aber zu bedenken: "Journalisten müssen lernen, unternehmerischer zu denken, eigene Unternehmen zu gründen und allein oder in kleinen Gruppen zusammenzuarbeiten." Dies muss sich keineswegs widersprechen, aber die Gefahr eines Widerspruchs zwischen freier Presse und unternehmerischen Gedanken, die auch die Art und Weise zu arbeiten und zu schreiben beeinflussen können, dräut.

Unabhängig davon geht es mir allerdings gegen den Strich, dass zwangsläufig alle Zeitungen nur noch online zu lesen sein sollen. Wann lesen eigentlich diese Leute Zeitung, bzw. wie? Die haptische Erfahrung der Zeitungsseiten, eine Seite in der U-Bahn herauszureißen, um diese zu Hause zu archivieren oder einem Freund zur Lektüre mitzugeben sowie mein eigenes Leseverhalten, das sich zwischen Online und Print einfach erheblich unterscheidet, ließen mich einen Verlust empfinden, wenn dies tatsächlich eintreten sollte. Darüber hinaus will ich, dass die Journalisten, die ich gern lese, ihre Zeit der weiteren Verfeinerung ihres Fachwissens bzw. dem Schreiben von Artikeln widmen und nicht der Anzeigenakquise für ihre Webseite oder dem Knüpfen von irgendwelchen Netzwerken.

Zweifelsohne bietet das Netz den Zugang zu lauter journalistischen Angeboten, die sonst ungenutzt blieben; ich bin nicht zuletzt eifriger Leser des Perlentaucher. Und die Kontakte der Journalisten untereinander sind für ihre Arbeitsbedingungen wahrscheinlich auch von Vorteil. Nur sollte doch klar sein, dass guter Journalismus unabhängig vom Medium (ob in Fernsehen, Radio, Zeitung oder Online) an ähnlichen Kriterien gemessen werden kann und nur unterschiedliche Arten der Vermittlung nutzt.

Ich schließe erst einmal damit, dass es einen Unterschied gibt zwischen der Lektüreeinstellung gegenüber der Marke einer Zeitung und gegenüber der Marke eines Namens. Und dass ich von einer Online-Zeitung gar nicht erwarte, mich umfassend zu informieren, sondern dass ich dort eher danach Ausschau halte, was gerade interessant aussieht oder was andere Lektüreerfahrung für mich ergänzen kann. Sodass es eben beides braucht, Print für den Frühstückstisch und den Bahnhofskiosk, Online für kurze, intensive Recherchen und Ergänzungen zu spannenden Themen.

Thursday, January 8, 2009

DuMont steigt beim Berliner Verlag ein?

Die Süddeutsche Zeitung meldet, der Kölner Verleger Alfred Neven DuMont übernehme die Mehrheit am Berliner Verlag, zu dem unter anderem mein altes Hausblatt Berliner Zeitung gehört. Bei diesem war nach der Übernahme durch den Mecom-Konzern und dem Wechsel von Uwe Vorkötter zur Frankfurter Rundschau sowie der Übernahme der Chefredaktion durch Josef Depenbrock ein unschöner Qualitätsverlust zu verzeichnen.

Nicht nur, dass zahlreiche Journalisten gingen (Rouven Schellenberger und Brigitte Fehrle auch zur FR), das ist ja ganz normal; seltsam war die unmerkliche, mit einer Lesepause von drei Monaten dann aber doch sehr manifeste Änderung im Schreibstil. Ich denke, dass es vor zwei Jahren noch undenkbar gewesen wäre, Dinge zu schreiben, wie Willi Germund, der Ostasien-Korrespondent, es am 22.12.2008 auf der Meinungsseite zum eskalierenden Konflikt zwischen Pakistan und Indien tat:

"Die ewigen Querelen zwischen Indien und Pakistan um jedes kleine Detail gingen allen anderen auf die Nerven. Wenn die Atommacht Indien Terroristen erlaubt, mit einer einzigen Attacke gleich wieder Verhältnisse wie vor zehn Jahren herzustellen, dann begibt sie sich auf das Niveau, auf dem der Nuklearstaat Pakistan herumkreucht."

Oder auch der Artikel des Chefredakteurs vom 31.12.2008, dessen Titel, man hofft es, ein Wortspiel ist und keine sprachliche Entgleisung: "Das Schlimmste kommt meist nie". Dort kommt er nach einer recht unzusammenhängenden Aneinanderreihung verschiedener Schlagzeilen der vergangenen Monate zum Fazit,

"Es ist wie beim Turmbau zu Babel, der Mensch strebt stets nach Höherem, nach mehr. Also werden Arm und Reich 2009 in gleichem Maße emsig an ihrem persönlichen Optimum werkeln. Und immer mehr Menschen dürfen dabei selbst bestimmen, was sie als Optimum überhaupt ansehen, materielles oder emotionales oder beides in perfekter Harmonie.

Zweifelhaft ist wohl, dass allen Menschen im neuen Jahr ein Mehr an Wohlstand gegeben wird, sicher aber ein Mehr an Freiheit und Demokratie. Die Globalisierung der Welt bleibt der beherrschende Trend und nimmt den Despoten zunehmend Raum. Das Wissen um demokratische Prozesse, der Austausch von Gedanken und Techniken sind nicht zu stoppen. Eines Tages, das ist gewiss, lässt sich Freiheit nirgendwo mehr verweigern, denn immer mehr Beispiele der Selbstbestimmung umrunden per Internet die Welt."

Dieser Ton ist neu. Es ist recht schwierig, dieses diffuse Gefühl aufzulösen; schließlich bleiben auch nach dem Weggang von Autoren wie Arno Widmann immer noch sehr gute Leute wie Christian Bommarius, Jens Balzer oder Anke Westphal (diese Aufzählung ist non-exhaustive). Aber man darf doch vom bewiesenermaßen sehr fundiert berichten könnenden Germund und erst recht vom Leitartikel des Chefs zum Jahresende eine etwas differenzierte Sicht erwarten.

Nach den Berichten zu den Sparplänen bei der Netzeitung, die im selben Haus entsteht, drängt sich aber der Gedanke auf, dass die zunehmenden Probleme des Printjournalismus in diesem Falle sehr wohl auch hausgemacht sind: Wer seinen Lesern so etwas zumutet, bzw. denkt, er könne ihnen nicht auch mehr zumuten, wer also zunehmend auf generische Inhalte setzt, dem laufen die Leser davon, bzw. fehlt nicht sonderlich viel, wenn man überhaupt gar keine Zeitung mehr liest, sondern seine Informationen im Internet zusammenklaubt. Das geht nicht unbedingt schneller, und ist bei weitem nicht besser als guter Printjournalismus, aber es kostet eben auch kein Geld.

Insofern: die Nachricht ist gut! Man hofft, dass die Zeitung nicht so ausgeblutet ist, dass das Engagement von DuMont sich lohnt und innerhalb eines halben Jahres wieder eine richtig gute Zeitung entstehen kann.